Anemonen zum Sommerschluss

Auf meine Anemonen ist Verlass. Pünktlich zu Sommerschluss stehen sie zum Ausverkauf der letzten warmen Tage bereit. SALE! steht groß auf ihren zarten rosigen Wangen. Und was sie damit meinen – ja, sie sind Herbst-Anemonen –, lässt in mir Jahr für Jahr ein bestenfalls melancholisch und schlimmstenfalls ein verzweifeltes Gefühl aufkommen:

Da Summa is umma! Vorbei mit den langen lauen luftigen Abenden und – vorbei mit schulfreier Unabhängigkeit (jetzt bitte nur nicht lesen „schulterfrei“!). Ja, vor allem um die Schulfreiheit trauere ich immer ganz besonders, sobald sie vorbei ist – denn: Nach dem Sommer ist vor dem Wintersemester. Und das bedeutet Mitgehangenmitgefangen in der endlosen Schulmühle voller Termine, Unterschriften, Schularbeiten, Nachhilfestunden und ungespitzter Stifte… Ihr ahnt es, das Schulthema treibt mich persönlich beinah in den Tintentod – ein nicht ganz friktionsfreies in meinem Leben. Was ich meinen (und grundsätzlich allen) Kindern übrigens an dieser Stelle von Herzen wünsche:

Breitet Eure Flügel aus, fliegt bis zum Mond, staunt, erlebt Abenteuer bis zum Himmel hoch und lasst Euch nicht messen an Sinus und Cosinus! Erkennt Eure Wünsche und lasst sie hochleben! Begegnet Menschen, die Euch in Traum und Wirklichkeit beistehen und Euch tief bewegen!

Aber wir waren bei den Anemonen: Für die Vase als Blumenstrauß eignen sie sich nicht optimal – die Blütenblätter fallen nach kurzer Zeit ab. Und sie vermehren sich höllisch, jetzt nicht in der Vase, sondern im Beet. Fast schon wie mein dominanter Efeu, versuchen die Anemonen, die Gartenweltherrschaft zu erobern. Aber soll nichts Schlimmeres passieren, als dass hunderte Anemonen im angehenden Herbst Spalier stehen und mich daran erinnern, dass meine Kinder bunte Flügel haben, die sie bald entdecken werden.