Das Leben draußen
Der Rückzug im Herbst macht mir jedes Jahr das Herz schwer. Doch bei 10 Grad Celsius und Dunkelheit zum 5-Uhr-Tee siegte immer noch die Vernunft: Die Gartensaison geht zu Ende, das Leben wird von draußen nach drinnen verlagert.
Die gute Nachricht: Wir haben jetzt Mitte April, der Frühling fängt an, sich für uns zu interessieren und uns nach langem Bitten und Betteln zu erhören mit Magnolienblüten, Pfingstrosentrieben, Blattgrün und lauem Lüftchen. Die Chancen stehen also gut für den lange ersehnten Wechsel von drinnen nach draußen.
Denn es sind zwei verschiedene Leben, die mein Garten und ich uns teilen: Das EINE zurückgezogen im Haus, die Uhren auf Herbst und Winter eingestellt, Gasheizung, Wollsocken, dampfende Spaghetti Bolognese am beleuchteten Esstisch, weißer Wollteppich, geschlossene Fenster, zeitlich streng geregeltes Bettruhe-Ritual für Familienmitglieder unter 16. An dieses Nicht-Gartenleben muss ich mich alljährlich immer wieder erst gewöhnen (und vor allem die Familienmitglieder unter 16). Es ist jedes Jahr aufs Neue ein von der Natur erzwungener Rückzug, dem ich mich wie ein trotziges Kind nur widerwillig ergebe. Die Routine tut ihr Übriges, sodass ich mich den langen trüben Wiener Wintermonaten letztendlich füge, die mitunter bis zu einem halben Jahr dauern.
Doch dann. Dann! Das ANDERE Leben fängt an, sich aus wärmenden Decken, Indoor-Ingwertee und müder Abenddämmerung zu schälen, langsam, ganz langsam die Zehenspitzen zu strecken und sich nach draußen zu verlagern. Korbsessel werden aus dem muffigen Keller befreit, die dazugehörigen Sitzpölster frisch überzogen, die Hausstiege blüht vor Freude. Und das allerwichtigste Signal fürs Draußenleben: Die Hängematte wird in feierlichem Ritual zwischen wildem Kriecherl- und altem Zwetschkenbaum aufgehängt.
Eine weitere untrügliche ich-lebe-jetzt-draußen-Tradition: Der alljährliche Spießrutenlauf, zu welchem Zeitpunkt ich meinen Mann am günstigsten becirce, die 3 Vierteltonner-Oleander aus den Kellertiefen zwecks Freilandhaltung nach oben zu hieven. Die Verhandlungen dazu laufen jeweils bereits Wochen im Voraus, sodass wir dann die Aktion „Free Oleander!“ zeitgerecht über die Bühne bringen. Danke an der Stelle dem Liebsten.
All diese Rituale und Vorbereitungen zum Auszug von drinnen aus den vier Wänden nach draußen in den Garten liebe ich. Essen, lesen, spielen, schlafen, genießen. Das Haus selbst mutiert zum offenen Vogelhaus, der weiße Wollteppich wird zum Abschuss freigegeben. Egal, ich lebe jetzt draußen.
wer kennt sie nicht, die sehnsucht, nach einem langen winter wieder endlich raus in den garten zu gehen. noch überwiegen die erdigen flecken im garten ! und langsam spitzt hier was grünes raus und dort was gelbes, die farbe jdes frühlings. und wenn es einem noch zu wenig schnell geht, was eigentlich jedes jahr der fall ist, begibt man sich zum gärtner und kauft halt viel buntes, lila polsterpflanzen und kleine gelbe märzenbecher. und so hat man sein wintergärtlein halt doch wieder überlistet und es in ein vorzeitiges frühlingsgärtlein verwandelt !