Steirische Seelenverwandtschaft: Der Jagawirt
Sie überkommt mich mindestens zweimal im Jahr. Sie wächst ganz langsam, aber beständig. Zuerst leise und bescheiden. Doch irgendwann beginnt sie zu rütteln und zu pochen. Und da weiß ich: Sie ist durch nichts mehr zu besänftigen. Außer durch den Entschluss, in die Weststeiermark zu fahren:
Jagawirtsehnsucht
Schon allein die Adresse hat eine romantische Note und klingt fast wie ein Ort aus einer Novelle von Zweig: Der Jagawirt in Sommereben bei St. Stefan ob Stainz am Reinischkogel. Dabei ist es schon fast eine betagte Liebe, die mich mit dem wunderbaren Wirtshaus zwischen Wald und Weinbergen verbindet. Es war seit je her meine Belohnungsdestination nach anstrengenden Phasen. Dabei galt für mich immer eine eiserne Regel bei jedem Besuch: No kids!
Denn das Sein, das ich dort erleben kann, braucht viel Muße und Ruhe und Beschaulichkeit und Rückzug. Und das Ansinnen, das Tempo zu drosseln, ist mit meinen Töchtern nicht kompatibel. Deshalb mache ich mich in losen Abständen auf, mit meinem Liebsten ein paar Defensiv-Tage beim Jagawirt zu verleben. Eine wahre Frischzellenkur – quasi Herzhirnseele statt Bauchbeinpo.
Lederhosen statt lederhosrig
Den Zauber macht das Gesamtkunstwerk aus, das sich die Wirtsleute untereinander aufteilen. Maria Goach, herzlich, aufmerksam und liebevoll resolut, hat mit ihrem Mann Werner vor vielen Jahren ein wunderschönes ungekünsteltes Kleinod geschaffen. Kein kleinkarierter Volkstumskitsch, keine steirische Piefkesaga, keine spießig bemühte Gasthausdeko, nicht demonstrativ lederhosrig und schon gar nicht rustikalisierend. Sondern einfach geglückt. Diametral entgegengesetzt zu dem, was beispielsweise in Salzburg bei Wirtshäusern und Hotels oft so sehr schief geht im Versuch, erdig zu sein. Der Jagawirt ist steirisch. Im besten, ehrlichsten Sinn. Nicht mehr und nicht weniger.
Der Jagawirt ist echt in allem, was er seinen Gästen auftischt. Die Speisen sind aus eigener Landwirtschaft oder aus der Region. Für seine Waldschweine aus eigener Zucht ist Werner Goach berühmt. Die Zimmer bieten genau die unaufgeregte Gemütlichkeit, die ich für mein Rückzugsprogramm suche. Und der Garten rund um das Anwesen raubt mir jedes Mal den Atem. Nicht etwa, weil er so außergewöhnliche Pflanzen beherbergt. Harmonie und Natürlichkeit begeistern mich. Üppige Gruppen von Hortensien, Buxbaumkugeln, alte Apfelbäume, wilder Wein, in allen Ecken kleine feine Arrangements von Blumentöpfen, Steinkrügen oder Keramikschalen – der Garten trägt die Handschrift von Maria Goach, die jeden Morgen die Vasen für die Gasttische mit frischen Blumen, Kräutern oder Zweigen füllt.
Jagawirt fühlt sich nach Sommer an
Es liegt so viel Liebe im Detail – in den Wirtsstuben, den Zimmern, im Essen, im kleinen Hofladen, dem Garten und im hinreißenden Gemüsegarten. Auf beeindruckenden Hügelbeeten – sozusagen die Vorfahren der Hochbeete – gedeihen Kräuter, Tomaten, Chili, Zucchini und Paprika mit Sonnenblumen und Kapuzinerkresse um die Wette. Ein Naturgarten im nachhaltigsten Sinn.
Und wer Glück hat, erlebt einen der seltenen ziemlich coolen und zünftigen Ziehharmonika-Gigs von Werner Goach und Tochter Verena (noch so ein Sonnenschein, der im Jagawirt strahlt!). Mir geht das Herz dort auf. Ich hab mir abgewöhnt, großartig dort zu wandern. Am liebsten mag ich einfach dort – sein. Welches mein unverhandelbares Lieblingszimmer ist, verrate ich an dieser Stelle natürlich nicht. Es ist so schon oft genug besetzt. Denn leider ist er längst kein Geheimtipp mehr, der Jagawirt. Wie denn auch? Qualität und Engagement sprechen sich verräterisch schnell herum. Drum plane ich gern ein paar Tage unter der Woche ein.
Der Rummel an den Wochenenden würde schließlich mein heiliges Ziel nicht zulassen: Frieden finden.
auch wenn man diesen jagawirt nicht persönlich kennt, kann man sich gut vorstellen, daß er ein geheimtip für sich zurückziehen wollen und genießen für alles rundherum und ein gutes essen ist !
vielleicht komm ich doch mal auch hin !