Stiller Tag, heiliger Tag: Plädoyer für die Ruhe
Ich sitze am Kärntner Weissensee. Dort, wo die Geräusche quietschender Kinder, bellender Hunde, trompetender Blasmusik, fahrender Autos, piepsender Haubentaucher, flatternder Enten, diskutierender Italiener einfach von der Spiegelfläche des Sees geschluckt werden und sich die Schallwellen in der Weite verlieren. Physikalisch gibt es eine detaillierte Erklärung für die Ursache des Phänomens der wunderbaren Stille am See. Mir genügt die Wirkung.
Ich mag sie hören, diese Ruhe. Wie lange halte ich aus, nicht zu lesen, nicht zu fotografieren, nicht zu schwimmen, nicht zu reden, nicht zu rudern, nicht zu schreiben? Es ist, als ob sich heilsamer Balsam legt auf die rauen, geschundenen Winkel der immerwährend angestrengten, beschallten, aufmerksamen Gehörgänge.
Zuhören dem Nichts. Was für ein Luxus. Ich halte ihn eine Weile durch, den Selbstversuch des Stillhaltens – des Stillhörens. In Wien so gut wie nie möglich, außer ganz spät in der Nacht, während eines Aufwachens. Oder am Berg. Oder am See. Ich suche sie, die Stille in meinem Kopf, die fast schmerzhaft wohl tut im Ohr.
Die Frage drängt sich auf: Brauche ich als Gartenmensch besonders viel Ruhe? Oder ist es umgekehrt – bin ich gerade deshalb Gartenmensch, weil ich die Ruhe suche? Darf ich mich schon nach Ruhe sehnen, oder macht das alt? Sind wir alle irgendwann einmal im Lauf des Lebens mit so viel Lärm angefüllt, bis wir unweigerlich nach Ruhe suchen (dürfen)? Seine Ruhe haben wollen hat was Uncooles, ist was für alte Leute, für Eigenbrötler. „Du willst immer nur deine Ruhe haben!“, geht als Schimpfwort durch, in jedem Fall aber als Vorwurf. Das Laute, die Bewegung, die Dynamik, das Schnelle, das Rasante, das Überbordende – allesamt Idiome der Jugendlichkeit. Ruhe hingegen ist bestenfalls des Schlafes Schwester, wenn nicht schon des Todes Bruder. So lautet unsere Definition der Turbogeilheit nach lautstarker Aktivität und Lebendigkeit.
Jetzt aber Ruhe mit der Ruhe… Ich hab Hunger, will vor dem Essen noch eine Runde radeln und danach schwimmen, rudern, fotografieren und schreiben. Und da lacht sie mir auch schon schallend ins Gesicht, die laute Welt und spottet: „Na also, willkommen daheim!“
Wäre doch nett zumindest einmal kurz zu erwähnen dass der Weissensee in Kärnten ist , nicht jeder ist geografisch so bewandert wie die einheimischen Weißenseer
Lieber Reinhard, du hast vollkommen recht. Wird nachgeholt! Danke für den Hinweis.
Liebe Grüße Ulli
Liebe Frau Ing. Gartel,
meist ist es Abend, wenn sich Ihre blühenden Zeilen bei mir niederlassen. Gestern, als die floralen Meldungen aus Weißensee eintrafen, dachte ich an meinen Garten, der sich redlich bemüht, mich in seinen Bann zu ziehen. Er hat eine Beziehung zu mir. Ich noch nicht die entsprechende zu ihm. Jedoch, so langsam keimt etwas auf, das ich Erdverbundenheit nennen will. Und genau diese pflege ich seit geraumer Zeit mit der Lektüre Ihrer Geschichten.
Es wurzelt und zweigelt und die Blumenesche nickt soeben …
Lieber Kurt,
eine schönere Mission, die ich mit diesem Blog erfülle, kann ich mir nicht vorstellen:
Ein Samenkorn zu säen, das dann irgendwann keimt, sprießt und Früchte ernten lässt.
Danke für Ihre lieben Worte.
ruhe, ist das etwas , das man erlernen kann ? findet man sie im liegestuhl, oder beim nixtun oder ein buch lesend oder muß sie nicht von innen kommen ? oder findet man diese innere ruhe erst, wenn man tätigkeiten macht, die einem freude bereiten und die nach außen so gar nicht ruhig sind ? es wird wohl für jeden einzelnen anders sein ! fest steht sicher, daß gartenliebhaber eines gemeinsam haben : daß sich beim garteln eine gewisse ruhe und zufriedenheit einstellt ! zumindest mal während dieser zeit und dann, wenn man sein werk betrachtet !
Ein wunderschöner Gartenblog und die Texte sprechen mich sehr an. Sind wunderbar geschrieben.
Liebe Grüße von Waldveilchen
aus dem Gartenforum „Die Hobbygärtner“
Liebes Waldveilchen, danke für die Blumen. 😉
Freu mich sehr über deinen Begeisterung! Danke dir.